Indische Feste und ihre kulinarischen Traditionen: Wenn Essen zum Feiern wird

Es gibt Länder, in denen Essen einfach Essen ist – und dann gibt es Indien. Hier ist Essen ein Ausdruck von Liebe, ein soziales Band, ein Teil der Identität. Und besonders dann, wenn gefeiert wird, ist es so viel mehr: Erinnerung, Ritual und Genuss in einem.

Ich erinnere mich noch an mein erstes Diwali bei meiner Verwandtschaft in Jaipur. Schon Wochen vorher roch das Haus nach Ghee und frisch geröstetem Kichererbsenmehl. Die Küche war der lauteste Raum im Haus – Töpfe klapperten, Chutneys brodelten, Frauen lachten. Und ich? Ich lernte schnell: Wer in Indien mitfeiert, der isst nicht nur – der isst sich durchs Fest.


🪔 Diwali – Das Fest des Lichts und der Süßigkeiten

Diwali ist das wohl bekannteste indische Fest – eine Mischung aus Weihnachten und Silvester, wenn man so will. Häuser werden mit Öllampen geschmückt, es gibt Feuerwerk, neue Kleidung und… Unmengen an Süßem.

In fast jedem Haushalt duftet es dann nach Ladoo, Barfi, Gulab Jamun und Kaju Katli. Besonders faszinierend finde ich, dass viele Familien ihre eigenen Varianten haben – mit mehr Kardamom, weniger Zucker, oder mit einem Spritzer Rosenwasser, „so wie Oma es früher gemacht hat“.

Ich durfte einmal bei der Zubereitung von Besan Ladoo helfen. Stundenlanges Rühren in der Pfanne, bis das Kichererbsenmehl goldbraun wird und das ganze Haus nach geröstetem Glück riecht. Danach wird alles mit Ghee und Zucker vermischt, zu kleinen Kugeln geformt – und heimlich schon währenddessen genascht.


🎨 Holi – Farben, Chaos und Street Food

Wer Holi noch nie erlebt hat, stellt sich vielleicht einfach ein buntes Festival vor. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Holi ist laut, wild, wunderbar – und klebrig. Nicht nur wegen der Farben, sondern wegen der Snacks, die man überall bekommt.

Gujiya – ein süßes, halbmondförmiges Gebäck mit einer Füllung aus Kokos, Trockenfrüchten und Kardamom – ist der Star dieses Festes. Dazu gibt es Thandai, ein würziges, gekühltes Milchgetränk mit Mandeln, Safran und manchmal einem Hauch Bhang (ja, Hanf 😉).

Ich erinnere mich, wie ich mit buntem Gesicht und klebrigen Fingern auf einer Dachterrasse stand, während uns Nachbarn Schalen mit Snacks überreichten. Niemand fragte: „Möchtest du was essen?“ – man musste einfach.


☀️ Pongal, Makar Sankranti & Co. – Wenn die Sonne gefeiert wird

Viele indische Erntefeste wie Pongal (Tamil Nadu) oder Makar Sankranti (Nord- und Zentralindien) feiern die Sonne – und das, was sie uns schenkt: Nahrung. Es ist eine Zeit der Dankbarkeit, aber auch der Großzügigkeit.

Beim Pongal-Fest wird traditionell das Gericht Pongal gekocht – eine warme Mischung aus Reis, Mungbohnen, Pfeffer, Kreuzkümmel und Ghee. Der Topf darf überkochen – denn das bedeutet Überfluss und Segen. Ich liebe diese Symbolik. Sogar das „kleine Malheur“ in der Küche wird hier als gutes Omen gedeutet.

Bei Makar Sankranti hingegen fliegen bunte Drachen durch den Himmel, während auf den Tellern Tilgul landet – kleine Kugeln aus Sesam und Jaggery (unraffiniertem Zucker), die für Wärme und Zusammenhalt stehen.


🕌 Eid – Fest des Teilens und Schenkens

Bei Eid al-Fitr, dem Fest nach dem Ramadan, wird besonders feierlich gekocht. Was mich dabei berührt hat: Es geht nicht nur um Familie, sondern um Gemeinschaft. Nachbarn, Freunde und sogar Fremde werden eingeladen, miteinander zu essen.

Das Gericht, das ich mit Eid am meisten verbinde, ist Sheer Khurma – ein süßer Pudding aus Milch, Datteln, gerösteten Fadennudeln, Nüssen und manchmal einem Hauch Rosenwasser. Warm, nahrhaft, sättigend – und irgendwie tröstlich.

Außerdem werden vielerorts deftige Gerichte wie Biryani, Kebabs und Currys aufgetischt – mit Sorgfalt, Hingabe und einer gewissen festlichen Opulenz, die den Anlass unterstreicht.


🧡 Essen als Herzstück aller indischen Feste

Was ich an indischen Festen so besonders finde, ist diese tiefe Verbindung von Kulinarik und Gefühl. Es geht nicht nur um Tradition oder Rezept – es geht um Erinnerungen, um das Miteinander, um das Ritual. Ein Ladoo ist nie nur ein Ladoo. Es ist das erste Rezept, das man von der Mutter gelernt hat. Das, was man zu den Nachbarn bringt. Das, was mit der Großmutter geteilt wurde, die heute fehlt.


📌 Fazit: Indische Feste schmeckt man mit allen Sinnen

In Indien feiert man nicht nur mit Musik und Tanz, sondern mit der Zunge, mit den Händen, mit dem Magen – und vor allem mit dem Herzen. Wer indische Kultur wirklich verstehen will, sollte sich nicht nur ansehen, was gefeiert wird, sondern was dabei gekocht wird.

Denn in einem Teller Biryani oder einer Schale Gujiya steckt manchmal mehr Geschichte, Liebe und Leben als in tausend Worten.

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